Diese „Erdkugel von 1 Wiener Schuh im Durchmesser“ (Maßstab circa 1 : 20,000.000) ist eine von Joseph Jüttner (1775-1848) erweiterte und verbesserte Neuauflage des 1822 von ihm in Zusammenarbeit mit Franz Lettany (1793-1863) herausgegebenen Globus.
Jütter wurde 1775 in Troppau geboren und trat 1793 in die k.k. Armee ein. 1796 kam er ins 2. Artillerieregiment nach Wien und diente bis zu seinem Tod im Jahr 1848 in der Artilleriewaffe. 23 Jahre lang war er beim Bombardierkorps, wo er in Mathematik, Ballistik und Geodäsie unterwiesen wurde, und dessen Kommandant er von 1842-1848 war. Im Jahr 1822 brachte er, zusammen mit Franz Lettany, seinen ersten Globus in Prag heraus. Seine Herstellung beschrieb er in seiner Anleitung zum Gebrauch der Erdkugel. 1824 veröffentlichte er außerdem einen Himmelsglobus. Weitere globographische Publikationen und Neuauflagen seiner Globen in Prag und Wien folgten. In Wien arbeitete er außerdem mit dem Verlag F. Schönninger zusammen, bei dem seine Globen seriell hergestellt wurden und auch nach seinem Tod herausgegeben wurden.
Jüttners Mitarbeiter, Franz Lettany stammte aus Mecheln in den Niederlanden. Er trat 1805 als Unter-Kanonier beim Prager Garnisons-Artillerie Distrikt ein, wo er vermutlich Jüttner kennenlernte. Neben seiner Arbeit mit diesem fertigte er zwischen 1822 und 1830 aber zumindest auch einen eigenständigen Globus an. Er beendete seine Karriere beim Militär als Garnisonskommandant in Lemberg. Jüttner und Lettany sind die einzigen bekannten dem Militär angehörigen Globenverfasser in Österreich.
Dieser Globus liegt in einem Holzgestell mit dreigeteiltem Bogen, auf dem ein gedrechselter Standfuß steht. Einer der ursprünglich vier Bögen fehlt. Auf den Bögen liegt ein Horizontring, wobei der Kalender nur noch fragmentarisch erhalten ist. Umgeben ist der Globus außerdem von einem Meridianring aus Messing, Stundenkreis und –zeiger fehlen allerdings.
Der Globus ist nicht koloriert und bis auf die Titelkartusche im Pazifischen Ozean nicht illustriert. Äquator, Wendekreise und Ekliptik sowie Längen- und Breitengrade in 10° Schritten sind eingetragen. Berge und Gebirge sind durch Schraffen dargestellt. Der Nullmeridian geht durch die Insel Ferro.
Die Küstenlinien sind, bis auf die der Antarktis, vollständig eingezeichnet. Nachdem Matthew Flinders die auf seiner Australienumsegelung gesammelten Daten 1814 veröffentlichte, waren die Küsten dieses Gebietes nun auch in Europa bekannt geworden. Das Innere Australiens oder Afrikas war den Europäern aber zu dieser Zeit noch wenig bekannt. Die Gebiete Zentralafrikas zum Beispiel sind auf diesem Globus noch als „Unbekannte Länder“ markiert. Zum Teil reflektiert die Karte auch zu diesem Zeitpunkt noch ungeprüfte Annahmen zur Geographie. So wird in Ostafrika die „Wahrscheinliche Stelle des Hochgebirges Kumri“ eingezeichnet. Die ostafrikanischen Seen und der Viktoria Nyasa See als Quelle des Nils sind zu diesem Zeitpunkt noch nicht bekannt und demnach auch nicht eingezeichnet.
Edurne Kugeler
Quellen und weiterführende Literatur:
Thomas HORST, Die Globen der Sammlung Woldan. Erdkugeldarstellungen als Quelle für die Geschichtswissenschaft, in: Gerhard HOLZER, Thomas HORST, Petra SVATEK (Hg.), Die Leidenschaft des Sammelns. Streifzüge durch die Sammlung Woldan (Edition Woldan 3), Wien 2010, 233-296.
Helga HÜHNEL, Österreichische Globenhersteller. S. 89-105, in: Allmayer-Beck, Peter E.: Modelle der Welt. Erd- und Himmelsgloben. Wien: Brandstätter 1997.
Joseph JÜTTNER, Anleitung zum Gebrauch der Erdkugel. Wien: Ludwig 1838.
Oskar REGELE, Die Globen des Josef Jütter (1775-1848) und des Franz Ritter von Hauslab (1798-1883). S.16-22, in: Der Globusfreund Nr 2. 1953.
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